Eine Dorflandschaft(s)-Komposition für 100 Bläser im Rahmen der Mühlenbecker Klanglandschaften 2020
Spätestens seit John Cage ist der Gedanke in der Welt, daß Geräusche des Alltags genau so Musik sein können wie Stimmen oder durch Instrumente erzeugte Töne. Es gilt, die akustische Umgebung wahrzunehmen und die gesamte Hörwelt als Musik zu begeifen – sei sie zufällig geprägt oder in unterschiedlichem Grad künstlerisch geformt. Das Erklingen von Musik in abgeschlossenen Räumen und konzentrierter Atmosphäre unter weitgehender Ausblendung von Störgeräuschen ist damit ein eher Sonderfall.
So gesehen gibt es keine Störgeräusche, wenn Musik im Freien stattfindet. Wald- oder Meeresrauschen, Vogelgezwitscher, Rasenmäher oder Autoverkehr prägen gleichsam jedes musikalische Ereignis mit. Das musikalische Kunstwerk ist seiner akustischen Umgebung ausgesetzt und muß sich dazu verhalten. Es entsteht eine eigentümliche Spannung, die Kunst hat plötzlich direkt mit dem Leben zu tun. Sie geht in die Geräusche ein oder tritt aus ihnen hervor, sie ahmt Rhythmen und Töne nach oder setzt sich dagegen ab. Bewegt sich der Hörer im Gelände, ändern sich Lautstärke und Richtung der einzelnen Schallquellen und damit das gesamte Klangbild. Korrespondenzen zwischen den künstlich erzeugten Tönen und den zufälligen Klangereignissen in der Umgebung werden erkannt oder vermutet. Natur und Kunst haben sich gefunden, darin besteht der ästhetische Gewinn.
Aus diesem Geist heraus entstand die Idee zu „klang.wandel“, einer musikalischen Intervention im Zentrum von Mühlenbeck mit den jugendlichen Holz- und Blechbläsern des Barnim-Gymnasiums Berlin sowie weiteren Musikern aus der Region zu den Mühlenbecker Klanglandschaften 2020.